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Umdrehen zu Kind auf Rücksitz während der Fahrt ist grob fahrlässig

Wer sich während der Fahrt auf der Autobahn im stockenden Verkehr zu einem auf dem rechten Rücksitz befindlichen Kind vollständig umdreht, handelt grob fahrlässig. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt an Main mit Urteil vom 12.02.2020 klargestellt. Dass ein Kraftfahrer die vor ihm liegenden Fahrspur beobachten müsse, um möglicherweise sehr gefährliche Situationen zu vermeiden, sei eine "einfachste ganz naheliegende Überlegung", so das Gericht.

 

Der Entscheidung der Frankfurter Richter liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Beklagte bei der Klägerin ein Auto anmietete. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsfreistellung zugunsten des Beklagten für selbstverschuldete Unfälle mit einer Selbstbeteiligung von 1.050,00 € pro Schadensfall. Im Fall grob fahrlässiger Herbeiführung eines Schadens ist die Klägerin berechtigt, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Die Parteien stritten über dieses Kürzungsrecht.

 

Der Beklagte fuhr bei stockendem Verkehr mit 50 bis 60 km/h auf einer Autobahn. Auf dem Rücksitz saßen seine beiden damals acht und neun Jahre alten Söhne. Bei einem kurzen Schulterblick anlässlich eines Spurwechsels nahm der Beklagte wahr, dass sein rechts hinter ihm sitzender achtjähriger Sohn einen Gegenstand in der Hand hielt. Da er den Gegenstand zunächst nicht identifizieren konnte und für gefährlich hielt, drehte er sich nach Beendigung des Fahrspurwechsels vollständig nach hinten zu seinem Sohn auf der Rückbank um. Das vor ihm liegende Verkehrsgeschehen konnte er nicht mehr wahrnehmen. Er fuhr auf ein vor ihm fahrendes Motorrad auf, da er nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, und verursachte am gemieteten Auto einen Sachschaden über 10.000,00 €.

 

Der Beklagte entrichtete seine Selbstbeteiligung. Die Klägerin nahm den Beklagten anschließend anteilig (50% in der Berufung) auf Erstattung des darüberhinausgehenden Schadens in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage ab, da lediglich ein Augenblicksversagen vorliege.

 

Auf die hiergegen eingelegte Berufung hin hat das OLG der Klägerin den begehrten Schadenersatz auf Basis eines 50 %-igen Ausgleichs zugesprochen. Die Haftung des Beklagten für den von ihm verursachten Unfall sei nicht auf den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt von 1.050,00 € beschränkt. Der Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig verursacht, sodass die Klägerin ihre Haftungsfreistellungsverpflichtung kürzen könne.

 

Durch das Umdrehen nach rechts hinten sei es dem Beklagten unmöglich gewesen, das vor ihm befindliche Verkehrsgeschehen zu beobachten und hierauf gegebenenfalls zu reagieren. Auch und gerade bei stockendem Verkehr müsse der Fahrer die vor ihm befindlichen Fahrzeuge ständig beobachten. Tatsächlich habe der Beklagte jedoch seine Aufmerksamkeit während der Fahrt seinem auf der Rückbank befindlichen Kind zugewandt. Dass dies unter den gegebenen Umständen zu in hohem Maße gefährlichen Verkehrssituationen führen könne, müsse jedem Fahrer einleuchten, hebt das OLG hervor.

 

Das Verhalten sei auch nicht als reflexartiges Augenblicksversagen zu werten. Vielmehr habe sich der Beklagte nach dem Erkennen eines Gegenstands in der Hand seines Sohnes zunächst wieder nach vorne gewandt und den Spurwechsel vollendet.

 

Gegen die besonders schwere Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt spreche auch nicht, dass der Beklagte befürchtete, sein Sohn habe einen gefährlichen Gegenstand, möglicherweise ein Messer in der Hand, so das OLG weiter. Das Umwenden im Fahrzeug sei bereits nicht geeignet gewesen, eine solche Gefahr zu bannen. Der Beklagte habe vielmehr den unmittelbar betroffenen Sohn oder aber seinen anderen Sohn befragen können. Auch ohne Blickkontakt hätte er dann unmittelbare Anweisungen geben können, wie sie sich zu verhalten hätten, bis er gegebenenfalls eine sichere Haltemöglichkeit erreicht hat.

 

OLG Frankfurt a. M. , Urteil vom 12.02.2020, Az.: 2 U 43/19

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